Aurelia Heuer – Gewinnerin des „Vertell doch mal“-Schreibwettbewerbes des NDR
Ein Abend mit Geschichten und Gesprächen
Im Bornholdt, Zingelstraße 14
30. Juni 2009, 19.°° Uhr
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit „Leselust“ e.V.
Das Schreiben ist für sie Therapie. Seit mehr als zwei Jahrzehnten leidet Aurelia Heuer (62) an einer überaus schmerzhaften Knochenkrankheit. Wer durch so eine Krankheit geht, macht besondere Erfahrungen. In ihren Gedichten und Geschichten fasst Aurelia Heuer diese in Worte.
So auch in ihrem Beitrag zum diesjährigen plattdeutschen Schreibwettbewerb „Vertell doch mol“ des NDR. Ihre Erzählung von einem autistischen Kind, das darum kämpft, aus dem „Glasmantel“ seiner Krankheit auszubrechen, hat die Jury überaus beeindruckt. „Mien swoorste Kampf“ sei „traumhaft geschrieben“ und verdiene deshalb den ersten Preis, lautet das Urteil.
Gestern Vormittag wurde Aurelia Heuer während einer Matinee im Hamburger Ohnsorg-Theater zur Gewinnerin des Wettbewerbes 2009 gekürt, der mit 1000 Euro dotiert ist. Es ist nicht die erste Matinee, bei der sie dabei war, 2004 kam die Gudendorferin bereits unter die besten 25 von weit über 2000 Teilnehmern. Platt schreibt sie nur für den NDR, sonst verfasst sie ihre Reime und Erzählungen in Hochdeutsch. „Ich kann Platt nicht sprechen, nur schreiben und verstehen“, erzählt sie.
Dass sie 1999 ihre erste auf Platt verfasste Geschichte beim NDR einreichte, verdankt sie einem Zufall. Freundinnen hatten einen von ihr „heimlich verfassten“ Text op Platt zu lesen bekommen und sie ermuntert, an dem Wettbewerb „Vertell doch mol“ teilzunehmen.
Ihren Schreibstil bezeichnet die 62-Jährige mit „psychodelisch“, was „die Seele hervorbringen“ bedeutet. „Ich denke viel an Menschen, die kein normales Leben führen können, wohl weil es mir wegen der Schmerzen ebenso geht“, sagt sie. Und so hat die Geschichte von dem kleinen Autisten, der sich aus seinem „Glasmantel“ herauskämpft, gewisse autobiographische Züge.
Letztlich ist Aurelia Heuers literarisches Schaffen auch geprägt von der Lektüre zahlreicher Autobiographien. Als Beispiele nennt die Bücher über das Leben von Franz Kafka, Vincent van Gogh und Martin Luther. „Denen ging es ähnlich wie mir, sie waren aktiv, um aus ihrem Leiden herauszukommen.“
Das Aktivsein bezieht sich in Aurelia Heuers Leben denn nicht nur auf das Schreiben. Trotz ihrer Schmerzen will sie arbeiten, was Karin Ahl („Die lebenswerteste Chefin der Welt“) ihr in ihrem Steuerbüro stundenweise ermöglicht. 1975 gründete Aurelia Heuer den Gudendorfer Sportverein, war viele Jahre dessen Vorsitzende. Liebevoll kümmert sie sich um ihre drei Enkelkinder, und sie trifft sich regelmäßig mit Freundinnen zum Zwickern. So auch Anfang Juni, „dann bin ich wieder dran“ – man kann sich denken, dass an diesem Tag weniger Karten gespielt, sondern der Sieg beim Schreibwettbewerb tüchtig gefeiert wird.