Knut Andresen: sápmi- eine kurze reise in das land der samen und neue Gedichte

Lesung im Bornholdt, Zingelstraße 14
19. Februar 2009, 20.°° Uhr
Auf Einladung des Peter Panter Buchladens liest der Maler und Dichter Knut Andresen in der Meldorfer Kulturkneipe Bornholdt im Rahmen der „Norwegen-Woche“ aus seinen neuesten Werken.
Der 1938 in Friedrichstadt geborene Knut Andresen ist schon seit vielen Jahren ein Grenzgänger zwischen der schleswig-holsteinischen Westküste und Norwegen.

Auf seiner jüngsten Reise in den Norden entstanden ein Reisetagebuch, Gedichte und Bilder. „sápmi- eine kurze reise in das land der samen“ beschreibt seine Wanderung durch die finnmarks vidda auf der Suche nach dem mythischen Leben und der gesellschaftlichen Situation der Menschen im norwegischen Samland.
So wird aus der Begegnung mit einer alten Samin die Magie und die Lebensintensität deutlich, auf die Knut Andresen im Norden häufiger trifft.
Der Dichter und Maler spricht von Norwegen als seiner „spirituellen Heimat“.

Seine neuesten Gedichte bezeichnet er als Sprachexperimente, als „traumhaftes“ Spiel mit Worten aus unterschiedlichen und sich doch ähnelnden Sprachen: der norwegischen, der plattdeutschen und den alt-, mittel- und neuhochdeutschen Sprachen.
Knut Andresens Gedichte sind ein besonderes Erlebnis und erinnern beim Vortrag an einen wundervollen Gesang.

Anläßlich der „norwegischen Woche“ ist ab dem Montag, dem 16.2. 2009, im Bornholdt außerdem eine Ausstellung seiner Bilder zu sehen , die im Anschluß an seine norwegischen Reise entstanden sind.

Mareike Krügel liest aus: Bleib wo du bist

Lesung in der Brasserie & Restaurant V, Klosterstr. 4

19. November 2010, 20.°° Uhr

Ein Spaziergang durch die sonnige Südtiroler Postkartenidylle wird zu einer gefährlichen Wanderung bis ans Ende der Nacht, ein Arbeitsausflug zu einer Flucht vor sich selbst: Matthias Harms, auf Zwangsneurosen spezialisierter Psychotherapeut, gerät auf einer Tagung in Meran durch scheinbar harmlose Begebenheiten unversehens an seine Grenzen. Ihn plagen Erinnerungen an seine viel zu früh verstorbene Schwester, und ihre gemeinsame Kindheit im bedrückend strengen Elternhaus rückt ihm unerbittlich auf den Leib. Aus dem sonst so beherrschten Zuhörer, der mit seiner Frau, einer Sozialarbeiterin, und seinem besten Freund einen Club der Guten bildet, wird ein im Innersten erschütterter, verlorener Mensch, dem sämtliche Gewissheiten abhandenkommen.
Mareike Krügel changiert geschickt zwischen Vergangenheit und Zukunft. Mit trockenem Witz und einem unbestechlichen Sinn für Situationskomik zeichnet sie das berührend-dramatische Psychogramm eines scheinbar souverän geerdeten und in allen Belangen des Lebens erfolgreichen Mannes.
Der Roman zeigt das Dilemma, in dem sich Therapeuten befinden, die ständig für Andere sensibel und wach sein müssen und dabei ihre eigenen psychischen Befindlichkeiten übersehen. In feiner Diktion, scharf beobachtend, erlebt Matthias nun an sich selbst, wie man die Kontrolle über sich verlieren kann.
Mareike Krügel kennt sich gut aus mit den psychotherapeutischen Regeln und mit unterschiedlichen seelischen Krankheiten. In den von ihr beschriebenen Gesprächen zwischen Freunden und Kollegen werden Diagnosen und Behandlungsmöglichkeiten besprochen. Nebenbei aber zeigt sie mit den feinfühligen Beobachtungen des Protagonisten, wie geschärft die Sinnesorgane auf die äußeren Schönheiten der Natur reagieren, wenn die geschundene Seele Ruhe sucht.
Es geht in dem Roman auch um Erziehungsmethoden der Vorgeneration, und es geht um die Frage, wie weit man selbst dem Kinderwunsch nachgeben möchte. Ist die Erinnerung an die strafenden Eltern noch allgegenwärtig, erlaubt man sich keine Zuversicht, dass man es besser machen könnte. Es geht aber auch um Ehe, Liebe, Treue und die innere Verbundenheit zwischen Paaren. Tiefsinnig, reflektiert und sehr kompetent weist die Autorin auf Ambivalenzen hin, die das Leben bestimmen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stehen nicht für sich sondern bilden einen Gesamtkomplex. Mit dem Mangel leben und die Vergangenheit akzeptieren lernen ist die Botschaft dieses Romans.
Mareike Krügel hat das Thema klug und wissend um die seelischen Abgründe bearbeitet. Ihr ist eine spannende Erzählung über die Möglichkeiten und Grenzen therapeutischer Hilfen gelungen und über die Not, denen auch Therapeuten ausgesetzt sind.

Mareike Krügel ist 1977 in Kiel geboren und lebt in Schleswig. Sie studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.
2003 erschien ihr erster Roman „Die Witwe, der Lehrer, das Meer“, im September 2005 „Die Tochter meines Vaters“, den sie im Januar 2006 auch in Meldorf vorstellte.
Mareike Krügel erhielt zahlreiche Stipendien, zuletzt war sie als Stipendiatin des HALMA-Netzwerks in Polen und Wales. Für den Roman „Die Tochter meines Vaters“ wurde sie 2003 mit dem Förderpreis der Stadt Hamburg ausgezeichnet. 2006 erhielt sie den Friedrich-Hebbel-Preis.

Heinz Jürgen Schneider liest aus: Tod in der Scheune

Krimi-Lesung im Meldorfer Amtsgericht, Domstr. 1
5. Mai 2010, 19.°° Uhr
Eine Veranstaltung von „Unternehmen Leselust“ e.V. und dem Peter Panter Buchladen

Heinz Jürgen Schneider weiß, wovon er schreibt. Von Beruf und aus Berufung Rechtsanwalt, arbeitet er als Strafverteidiger in ganz Deutschland. 2009 erschien sein historischer Schleswig-Holstein-Krimi „Tod in der Scheune“. Den wird Schneider am Mittwoch, 5. Mai um 19 Uhr im Meldorfer Amtsgericht (Saal 1) dem Dithmarscher Publikum vorstellen.
Das „Unternehmen Leselust“, Förderverein für die Meldorfer Stadtbücherei, der Peter Panter Buchladen und das Meldorfer Amtsgericht laden zu dieser Lesung im Rahmen der Meldorf-Woche ein.

Im September 1931 wird an der Westküste Schleswig-Holsteins eine Bauerntochter erhängt in einer Scheune aufgefunden. Walerjan Smucek, ein junger polnischer Erntehelfer vom benachbarten Gut, kauert völlig verstört bei der Leiche und legt ein Geständnis ab. Der „Scheunenmord“ bewegt die ganze Gegend. Viele warten auf einen schnellen, kurzen Prozess und die Todesstrafe – die Sache scheint ja klar. Da die Familie der Toten aus der schwarzbraunen „Landvolkbewegung“ stammt, erreicht der Fall zudem eine politische Brisanz: Der Bruder, ein SA-Mann, fordert am Grab „Deutsche Sühne“. Doch dann wird der Rechtsanwalt Johannes Blum zum Pflichtverteidiger des Polen bestellt, ein Gegner der im damaligen Deutschland zulässigen Todesstrafe. Im Gefängnis hört er vom Angeklagten eine ganz andere Geschichte, in der es um eine heimliche, hoffnungslose Liebe und um den Plan eines gemeinsamen Selbstmords geht. Blum kann das schwer glauben, aber es gibt Ungereimtheiten. Zu Prozessbeginn gibt es einen großen Presseandrang. Ein Mob auf den Zuschauerbänken und ein SA-Aufmarsch begleiten die Eröffnung. Schwere Tumulte gehen mit der Verhandlung einher und Rechtsanwalt Blum fürchtet um seine Sicherheit und Reputation. Wie wird das Schwurgericht diesen Fall entscheiden?

Schneiders Krimi – sein Debüt übrigens – ist eine Mischung aus Fiktion und Realität, aus Dorfklatsch und tatsächlichem Justizskandal in der Zeit des aufkommenden deutschen Faschismus. Eine höchst spannende Lektüre. Schneider fasziniert zudem durch einen Erzählstil, der geprägt ist von kurzen, prägnanten Sätzen. Ohne Schnörkel kommt sein alter Ego, Rechtsanwalt Blum, immer wieder auf den einen Punkt: im Zweifel für den Angeklagten.

Heinz Jürgen Schneider wurde 1954 geboren und ist seit 1981 Rechtsanwalt. Er arbeitet als Strafverteidiger und hat Verfahren im ganzen Bundesgebiet geführt. Seit seiner Doktorarbeit über “Die Politik der Inneren Sicherheit” beschäftigt er sich kritisch mit der staatlichen Sicherheitspolitik. Zu diesem Thema hat er sich in Veröffentlichungen, Interviews und auf Veranstaltungen geäußert. 2002 war er Mitautor eines Buches über politische Strafverteidiger in der Weimarer Republik.

Kristof Magnusson liest aus: Das war ich nicht

Lesung in der Brasserie & Restaurant V, Klosterstr. 4

5. Februar 2010, 20.°° Uhr

Jasper Lüdemann hat es geschafft. Er ist aus dem Back Office in den Händlersaal der großen Investmentbank in Chicago aufgestiegen.

Meike ist Übersetzerin. Der Bestsellerautor Henry LaMarck ist „ihr“ Autor, ihre Existenzgrundlage. Den versprochenen großen Roman hat er noch nicht abgeliefert und ist abgetaucht. Um LaMarck zu finden, ist sie in Chicago.

Seit Jasper Meike in einem Café getroffen hat, brennt er für sie. Um ihr zu imponieren, zeigt er ihr, wie man Geschäfte macht. Er macht jedoch Verluste, gerät in eine aussichtslose Lage, bis er LaMarck begegnet. „Das war ich nicht“ erzählt von drei Menschen, deren Leben durch Zufall in eine abenteuerliche Abhängigkeit gerät. Und gäbe es nicht die Möglichkeit der Liebe, vielleicht auch die Unmöglichkeit, die dem Leben eine andere, unvermutete Wendung gibt, wer weiß, ob sich ein Ausweg finden würde.

„Fulminant geschrieben, zum Schreien komisch, berührend und klug.“ (NDR Kulturjournal)

„…fesselt bis zuletzt mit einer überaus witzigen, klug komponierten Geschichte und raffiniert glaubwürdigen Figuren.“ (FAZ)

„Junge Literatur kann auch einfach gut sein. Kristof Magnusson hat einen Roman geschrieben, auf den sich alle einigen können. Und zwar nur, weil er so lesbar ist.“ (jetzt.de/Süddeutsche Zeitung)

Kristof Magnusson ist 1976 in Hamburg geboren. Er machte eine Ausbildung zum Kirchenmusiker, arbeitete in der Obdachlosenhilfe in New York, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.

Sein Debütroman „Zuhause“, den er seinerzeit auch in Meldorf vorstellte, wurde mit dem Rauriser Literaturpreis 2006 ausgezeichnet.

Eldad Eldad Stobezki: Israel und die Juden im Spiegel zeitgenössischer Literatur

Buchvorstellung im Bornholdt, Zingelstr. 14,
Eine Veranstaltung von „Unternehmen Leselust“ e.V. und dem Peter Panter Buchladen

Eldad Stobezki präsentiert eine Auswahl zeitgenössischer Literatur, Sach- und Jugendbücher, die 2009 in deutscher Sprache erschienen sind.

Es ist nicht nur der Krieg, der den Alltag und den Buchmarkt in Israel beherrscht. Sara Shilo, Assaf Gavron, Lizzie Doron, Michal Zamir, Benny Ziffer,Zvi Yanai und andere wichtige Autoren erzählen von unterschiedlichen Themen – vom Gegensatz und der Koexistenz der Kulturen, von einem oft auch banalen Alltag in einer Krisenregion.
In anderen Ländern schreiben jüdische Autoren über das Leben in der Diaspora, den Umgang mit dem Erbe des Nationalsozialismus in Deutschland und Österreich. Reisen in die Vergangenheit, Migrationsgeschichte und jüdische Tradition sind Gegenstand dieser Romane. Beispielhaft dafür stehen Johanna Adorján, Michael Wuliger und Ana Novac.

Eldad Stobezki, geboren 1951 in Israel, lebt seit 1979 in Frankfurt am Main, ist Übersetzer, Literaturagent, Gutachter, Scout und Kenner der israelischen Literaturszene.

Judith Herrmann liest aus: „Alice“

Lesung in der Ditmarsia, Süderstr. 16

19. November 2009, 20.°° Uhr

Endlich ist es soweit. Judith Hermann liest auf Einladung des Peter Panter Buchladens am 19.11.2009, um 20°° Uhr in der Ditmarsia, Süderstr. 16, in Meldorf. Judith Hermann, mit ihren beiden Büchern „Sommerhaus später“ und „Nichts als Gespenster“, gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Autorinnen.

„Alice“, so heißt ihr neues Buch, ist ein Buch von ungeheurer Kraft, erstaunlicher Nüchternheit und literarischer Schönheit. Die Autorin erhielt dieses Jahr den „Friedrich Hölderlin-Preis“ der Stadt Homburg für ihr bisheriges Werk, vor allem für ihren jüngsten Prosaband „Alice“, der „fünf atmosphärisch ebenso bezwingende wie stilistisch meisterhafte Geschichten vom Sterben und von der Erfahrung des Verlustes versammelt“, heißt es in der Begründung der Jury. Wenn jemand geht, der dir nahe ist, ändert sich dein ganzes leben, es ändert sich, ob du willst oder nicht. Alles wird anders. Alice ist die Heldin dieser fünf Geschichten, alle erzählen von ihr – und davon, wie das Leben ist und das Lieben, wenn Menschen nicht mehr da sind. Dinge bleiben zurück, Bücher, Briefe, Bilder, und ab und zu täuscht man sich in einem Gesicht. Judith Hermann erzählt mit fester und berührender Stimme, wie Lebenswege sich kreuzen, die Richtung ändern und unwiederbringlich auseinandergeführt werden. Sie setzt Momentaufnahmen, sie leuchtet aus, deutet an, ihre Sprache registriert leise Befindlichkeiten, spürt Stimmungen auf, seismografisch genau ertastet sie die oberste Schicht des Alltags, die unmerklichen Veränderungen im Lauf der Wochen, Monate vor und nach dem Sterben, dem Tod. Die große Emotion, das Drama, der Schrei – sie finden nicht statt, die Sätze überschlagen sich nicht, die Sprache reißt nicht auf, ist ganz bändige Form, verknappt, konzentriert. Judith Hermann gelingt es, ganz pathosfrei vom Tod und der Trauer der Hinterbliebenden zu erzählen und doch mit ihrer so anspruchlos erscheinenden Sprache die existenzielle Verunsicherung Alices greifbar zu machen.

Artur Becker liest aus: „Wodka und Messer. Lied vom Ertrinken“

Lesung in der Brasserie und Restaurant V, Klosterstr. 4
22. August 2009, 20.°° Uhr

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Schleswig-Holstein im Rahmen des Literatursommers Schleswig-Holstein 2009 (gefördert durch die Robert Bosch Stiftung)

Kuba Dernicki ist ein glücklicher Mensch. Er hat Arbeit und Familie und lebt seit vielen Jahren im Paradies, in Deutschland.
Doch eines Tages treibt ihn eine starke Sehnsucht zurück nach Polen, in die alte Heimat, an die Stätten seiner Kindheit, an den Dadajsee. In eine wunderschöne Landschaft, bevölkert von überaus eigenwilligen Menschen, die mit List, Humor und Wodka überleben. Und die sich Geschichten erzählen, in denen die Toten, auch wenn sie nicht katholisch sind, wiederauferstehen.
Wie Marta, Kubas junge Geliebte, die vor vielen Jahren auf der Flucht vor kommunistischen Häschern im eiskalten Dadajsee ertrunken ist – und die in der Hoteldirektorin Justyna Star (einer Doppelgängerin?) weiter lebt, schön und begehrlich, wie damals. Kein Wunder, daß Kuba sich in Justyna verliebt und daß von nun an ein ganzes Dorf verrückt spielt, der Bürgermeister Król wie der Pfarrer Kazimierz, die einäugige Tante Ala wie Wojtek, ihr Galan. Und in deren Mitte taumelt Kuba, den ein sprechendes Messer begleitet, von Augenblick zu Augenblick, hinein ins Herz der Erinnerung.

„Das Themenarsenal wird auf banalem Terrain abgehandelt. Gegenwartsgeschehen in einem polnischen Dorf. Denkt man zunächst. Dann stellt man fest, daß man auf einem philosophischen Zwischenboden steht, unsicher, was über, was unter einem geschieht, zur gleichen Zeit; oder geschah, zu anderen Zeiten, aber gleichzeitig wieder sichtbar wird. Wohin ist man lesend geraten?…
Diese spinnwebfeinen Netze religiöser und philosophischer Natur, filigrane Diskurse, deren Sinn und Zweck es ist, die Matrix der Illusion zu kartographieren, legen sich über den banalen Alltag in Wilimy, der geprägt ist von blöden Hochzeiten, versoffenen Zusammenkünften, kurzweiligen Trieben und dem Räuchern der Fische. Manchmal reißt ein Netz über oder unter dem derben Geschehen, den unflätigen Reden oder unzüchtigen Anträgen, und es wird nie klar, auf welche Weise der Autor es wieder flickt: so kunstvoll verschlungen ist das erneut vertäute Garn…
Was für ein Roman! Was für ein Erzähler! Was für eine unglaubliche Geschichte!“
(Barbara Bongartz, Junge Welt)

Artur Becker ist selbst ein Grenzgänger zwischen Polen und Deutschland. Wie seine Hauptfigur stammt der Erzähler aus Masuren. Er debütiert 1984 in Polnisch mit einem Lyrikband. Seit 1985 lebt er in Deutschland. 1989 wechselt er seine literarische Sprache und schreibt seitdem auf Deutsch. Mit „Wodka und Messer. Lied vom Ertrinken“ hat Artur Becker der masurischen Landschaft und ihren Menschen ein Denkmal gesetzt.
„Die Emigration ist eine Fünfstufenrakete“, schreibt Artur Becker in „Wodka und Messer“. „Eins – man flieht; zwei – man gewöhnt sich; drei – man vergisst; vier – man erinnert sich; fünf – man will zurückkehren, aber es geht nicht mehr.“ – „Wer Beckers Bücher liest, muss glauben, dass sich der polnischstämmige Autor, der mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet wurde, selbst in Stufe fünf befindet. Denn seine Romane handeln von Menschen, die nach langer Emigration ihrer Sehnsucht erliegen und in die alte Heimat zurückkehren.“ (FAZ)

Man solle ihn aber nicht „deutsch-polnischer Autor“ nennen, sagt Becker, „ich bin polnischer Autor deutscher Sprache.“ Das sei für viele Deutsche schwer zu verstehen, sagt er, „aber ich kann es nicht ändern.“

Aurelia Heuer im Gespräch mit Gesine Groll

Aurelia Heuer – Gewinnerin des „Vertell doch mal“-Schreibwettbewerbes des NDR
Ein Abend mit Geschichten und Gesprächen
Im Bornholdt, Zingelstraße 14
30. Juni 2009, 19.°° Uhr

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit „Leselust“ e.V.
Das Schreiben ist für sie Therapie. Seit mehr als zwei Jahrzehnten leidet Aurelia Heuer (62) an einer überaus schmerzhaften Knochenkrankheit. Wer durch so eine Krankheit geht, macht besondere Erfahrungen. In ihren Gedichten und Geschichten fasst Aurelia Heuer diese in Worte.
So auch in ihrem Beitrag zum diesjährigen plattdeutschen Schreibwettbewerb „Vertell doch mol“ des NDR. Ihre Erzählung von einem autistischen Kind, das darum kämpft, aus dem „Glasmantel“ seiner Krankheit auszubrechen, hat die Jury überaus beeindruckt. „Mien swoorste Kampf“ sei „traumhaft geschrieben“ und verdiene deshalb den ersten Preis, lautet das Urteil.
Gestern Vormittag wurde Aurelia Heuer während einer Matinee im Hamburger Ohnsorg-Theater zur Gewinnerin des Wettbewerbes 2009 gekürt, der mit 1000 Euro dotiert ist. Es ist nicht die erste Matinee, bei der sie dabei war, 2004 kam die Gudendorferin bereits unter die besten 25 von weit über 2000 Teilnehmern. Platt schreibt sie nur für den NDR, sonst verfasst sie ihre Reime und Erzählungen in Hochdeutsch. „Ich kann Platt nicht sprechen, nur schreiben und verstehen“, erzählt sie.
Dass sie 1999 ihre erste auf Platt verfasste Geschichte beim NDR einreichte, verdankt sie einem Zufall. Freundinnen hatten einen von ihr „heimlich verfassten“ Text op Platt zu lesen bekommen und sie ermuntert, an dem Wettbewerb „Vertell doch mol“ teilzunehmen.
Ihren Schreibstil bezeichnet die 62-Jährige mit „psychodelisch“, was „die Seele hervorbringen“ bedeutet. „Ich denke viel an Menschen, die kein normales Leben führen können, wohl weil es mir wegen der Schmerzen ebenso geht“, sagt sie. Und so hat die Geschichte von dem kleinen Autisten, der sich aus seinem „Glasmantel“ herauskämpft, gewisse autobiographische Züge.
Letztlich ist Aurelia Heuers literarisches Schaffen auch geprägt von der Lektüre zahlreicher Autobiographien. Als Beispiele nennt die Bücher über das Leben von Franz Kafka, Vincent van Gogh und Martin Luther. „Denen ging es ähnlich wie mir, sie waren aktiv, um aus ihrem Leiden herauszukommen.“
Das Aktivsein bezieht sich in Aurelia Heuers Leben denn nicht nur auf das Schreiben. Trotz ihrer Schmerzen will sie arbeiten, was Karin Ahl („Die lebenswerteste Chefin der Welt“) ihr in ihrem Steuerbüro stundenweise ermöglicht. 1975 gründete Aurelia Heuer den Gudendorfer Sportverein, war viele Jahre dessen Vorsitzende. Liebevoll kümmert sie sich um ihre drei Enkelkinder, und sie trifft sich regelmäßig mit Freundinnen zum Zwickern. So auch Anfang Juni, „dann bin ich wieder dran“ – man kann sich denken, dass an diesem Tag weniger Karten gespielt, sondern der Sieg beim Schreibwettbewerb tüchtig gefeiert wird.

Svealena Kutschke liest aus : „Etwas Kleines gut versiegeln“

Lesung im Bornholdt, Zingelstraße 14

14. Mai 2009, 20.°° Uhr

„Ein Debüt von außergewöhnlicher Sprachkraft und Welthaltigkeit, das von Menschen erzählt, die ihr Glück jenseits der gängigen Spuren suchen“, und tatsächlich ist Svealena Kutschke ein ganz ungewöhnlich schöner und guter Roman gelungen. Eine Geschichte, die genau so knallpink wie der Umschlag des Buches ist, eine Geschichte für alle, die bisher nicht wußten, wie wunderbar die Farbe rosa sein kann.

Svealena Kutschke ist in Lübeck geboren, studierte Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis in Hildesheim und lebt heute in Berlin. Sie erhielt 2006/2007 das Werkstatt-Stipendium der Jürgen-Ponto-Stiftung und ist Preisträgerin des Open Mike der Berliner Literaturwerkstatt 2008. Ihre Erfahrungen eines längeren Aufenthalts in Australien fanden sicherlich Eingang in „Etwas Kleines gut versiegeln“.

Ist das Leben ein seltsames Höhlensystem?, fragt sich Lisa, als sie ihr Fotografiestudium abbricht, auf einen Brückenbogen klettert und die Kamera auf die Bahngleise wirft. Australien ist ihr gerade weit genug. Sie geht nach Sydney, wo sie bei Marc wohnt, dem fürsorglichen Ex-Freund ihres Bruders. Dort wirft sie sich zwischen die schillernden Nachtgestalten in der Oxford Street und fixiert allabendlich die sinkende Sonne wie einen Feind: Wer zuerst untergeht, hat verloren. Aber in ihrer Tasche liegen noch immer sechs Filmdosen mit Bildern von B im zerknautschten Kleid über den haarigen Beinen und mit dem Lippenstift auf den schiefen Zähnen.

Als wäre das nicht genug, findet sie auf der Straße ein einzelnes Foto, auf dem sie selbst in einer ihr vollkommen unbekannten Umgebung zu sehen ist. Sie macht sich auf die Suche nach diesem Ort, immer begleitet vom ironisch-philosophischen Fragenkatalog des Künstlerduos Fischli & Weiss.

So hangelt sie sich durch Merkwürdigkeiten ihres Alltags, entwirft lustvoll Erklärungen, staunt, dass alles immer anders kommt als gedacht. „Ist mein Lügengebilde ein Meisterwerk an Innovation und Statik?“ Lisa lässt sich in ein seltsames Spiel verwickeln. Die Grenzen des Realen verschwimmen, und die Polaritäten der Geschlechterfestlegung sowieso.

Dass ihre Kapitelüberschriften dabei anmuten wie aus dem Fischli & Weiss-Fragenkatalog, ist dabei kein Zufall, sondern literarisches Programm.
„Die aufgegriffenen alltäglichen, manchmal scheinbar banalen Themen und Gegenstände bekommen dadurch ihre Aussage, dass sie in Beziehung zueinander gesetzt werden oder unerwartet im Kontext eines Museums oder einer Ausstellung auftauchen“ (wikipedia über Fischli & Weiss) – oder ebenso unerwartet auftauchen wie in diesem Roman von Svealena Kutschke.

Ein Roman, „in dem alles blinkt und blitzt und schimmert und knallt.“ (WDR 1Live)

Marie-Thérèse Schins : „Reisen mit mir selbst und mit anderen“

Lesung im Bornholdt, Zingelstraße 14

23. April 2009, 20.°° Uhr

Am „Welttag des Buches“, dem 23. April, wird Marie-Thérèse Schins auf Einladung des Peter Panter Buchladens aus ihren Büchern unter dem Motto „Reisen mit mir selbst und mit anderen“ in der Meldorfer Kulturkneipe Bornholdt lesen.

Marie-Thérèse Schins lässt sich in keine Schublade packen. Sie wurde als siebtes von zehn Kindern in den Niederlanden geboren und lebt seit 35 Jahren -wenn sie nicht gerade auf Reisen ist- in Hamburg. Seit dem vierten Lebensjahr konnte sie lesen und schreiben und hat damit glücklicherweise nie wieder aufgehört. Nach dem Abitur hat sie eine Ausbildung zur Bibliothekarin absolviert und anschließend die Kinderbibliothek in Nijmegen geleitet. Doch sie bildete sich als Malerin weiter, ließ sich zusätzlich in Poesie- und Bibliotherapie ausbilden. Sie übernahm einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Hamburg und engagiert sich in der multikulturellen Arbeit mit Jugendlichen und in der Trauerarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Aber die gemütliche Wohnung in Blankenese sieht Marie-Thérèse Schins nur selten, denn sie ist ein Arbeitstier und ständig auf Reisen. Fremde Länder erkundet sie nicht als Touristin, sondern überwiegend im Zuge von Recherchen und mit dem prüfenden Auge des sozial engagierten Medienprofis. Sie ist viele Monate im Jahr unterwegs, bevorzugt in ihrer „zweiten Heimat“ Indien, wo sie seit einigen Jahren intensiv an der Einrichtung eines landesweiten Netzwerkes von Kindergärten, Schulen, Waisenhäusern und Büchereien für benachteiligte Kinder arbeitet.

„Ein Freund interessierte sich dafür, was ich in Indien tat. Nur durch seine persönliche, großzügige finanzielle Unterstützung konnten wunderbare Projekte verwirklicht werden. Ich fand professionelle Helfer. Jetzt entwerfen wir gemeinsam vor allem Pläne für die Schulen der Ärmsten. Inzwischen haben wir ein ganzheitliches Konzept entwickelt, das vielleicht ein Vorschlag für weitere Schulen sein könnte: Für mehrere Jahre adoptieren wir ein Projekt. Wir versuchen herauszufinden, was die Schüler am dringendsten benötigen, um ihnen eine lebenswerte Kindheit und Jugend zu ermöglichen.
Immer, wenn ein Projekt so weit ist, dass die Schule ausreichend saniert und aufgebaut wurde, wird diese Schule oder das Projekt in die Eigenständigkeit entlassen. Eine neue Schule wird adoptiert. Im Jahr 2005 wurden wir für das Ineinandergreifen der verschiedenen Projekte und ihrer pädagogischen Ansätze mit dem ersten Preis der indischen „Round Table“ ausgezeichnet.“

Wo sie neben ihren vielen ehrenamtlichen Aufgaben und Ihrer Arbeit als Übersetzerin (u.a. aus dem Dänischen, Koreanischen, Niederländischen und Spanischen) die Zeit hernimmt, Bücher zu schreiben, ist vielen Freunden und Bekannten ein Rätsel.
Doch Marie-Thérèse Schins schreibt – regelmäßig, gern und fast immer für Kinder und Jugendliche. Über 20 Bücher hat sie bereits veröffentlicht, am bekanntesten sind die fünf „Doro“-Bände, eine Mischung aus Reiseerzählung, Roman und Dokumentation. Für ihre Arbeit und ihre Bücher ist sie so häufig mit Auszeichnungen und Preisen geehrt worden, daß sie sich hier nicht mehr aufzählen lassen.

Wir freuen uns sehr, daß Marie-Thérèse Schins neue Texte vorstellen wird, denn eine bessere Botschafterin der Bücher und der Welt läßt sich wohl schwerlich finden.

„Reisen mit mir selbst und mit anderen“ sind Tagebuchnotizen, Interviews und Impressionen aus anderen Welten.
„Reisen, durch die ganze Welt. Ein Traum? Ein Privileg? Meistens, aber nicht immer. Seit mehr als drei Jahrzehnten kreuz und quer durch die Welt zu reisen, auf der Suche nach Menschen und ihren Geschichten, nach Neuem, nach vorher nie Erlebtem. Neugierde als ständiger Reisebegleiter, aber auch Angst und Mut. Sich gelegentlich gestehen zu müssen, nicht immer alles zu mögen, ist oft notwendig. Erlebtes und Erfahrenes aus anderen Kulturen, in denen der Humor im Gepäck mehr Platz braucht als Socken und Zahnpaste.“