7.5.2015 20 Uhr Niklas Frank, Traumausstatter, Süderstr. 9, Meldorf

NiklasFrank Copyright Mario Chavarria

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Niklas Frank, geboren 1939 in München, ist das jüngste von vier Kindern des Juristen Hans Frank und dessen Frau Brigitte. Sein Vater war zwischen 1939 und 1945 als Generalgouverneur im besetzten Polen an zahlreichen Kriegsverbrechen beteiligt und wurde auch als „Schlächter von Polen“ bekannt. Bevor die heranrückende Rote Armee eintrifft, zieht sich die Familie Frank auf ihr Anwesen in Neuhaus in Bayern zurück. Dort erlebt Niklas Frank die Verhaftung seines Vaters durch die amerikanische Militärpolizei. Der Vater wird in Nürnberg als Kriegsverbrecher angeklagt, 1946 zum Tode verurteilt und gehängt. Niemand erklärt dem Jungen, warum.

Doch der Heranwachsende erlebt, dass eine Figur wie sein Vater in der entstehenden Bundesrepublik noch immer viele Sympathien genießt, auch und vor allem bei der katholischen Kirche in Bayern. Für Niklas Frank, der Germanistik, Soziologie und Geschichte studiert, beginnt ein weiter Weg auf der Suche nach der Wahrheit über seinen Vater und das Dritte Reich. Er wird Journalist und 1979 Auslandsreporter beim STERN. In dieser Eigenschaft hat er häufig in Polen zu tun und Gelegenheit, sich seiner Kindheit und der unseligen Rolle seiner Familie zu erinnern. 1987 veröffentlichte er unter dem Titel „Der Vater – Eine Abrechnung“ die auf den Werdegang seines Vaters konzentrierte Familiengeschichte. Er lieferte damit einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis der Motive eines Schreibtischtäters, der selbst nie einen Menschen erschossen hat und doch für den millionenfachen Mord an Juden, Polen, Sinti und Roma mitverantwortlich ist und deswegen verurteilt wurde. Das Erscheinen des Buches löste einen Skandal aus. Es räumte mit den Mythen vom „Polenfreund“ Hans Frank auf. Die Kritiker verübelten dem Autor, dass er die Wahrheit über seine Eltern ausgesprochen hatte. Dieser schonungslose Umgang wurde nicht als Befreiung, sondern als Verrat, vor allem am Vater, empfunden.

Sein jüngstes Buch „Bruder Norman“ ist ein mörderischer Dialog unter Brüdern als deutsche Sezierstunde: erschütternd, schonungslos, abgründig. Normans verzweifelte Liebe zum Vater Hans Frank lässt seinen Bruder Niklas nicht los. Sie ringen um die Wahrheit von Gefühlen, die Macht der Verdrängung und die Frage: Wie überlebe ich es, das Kind des »Schlächters von Polen« zu sein?

Niklas Frank gelingt ein düsteres dokumentarisches Kammerspiel über seinen alkoholkranken Lieblingsbruder, über sich und über ihr Verhältnis zum Vater. Der eine verteidigt ihn trotz Scham und Schmerz, der andere verachtet und hasst ihn. Tief dringt Niklas in Normans Seelenleben und Erinnerungen ein, martert ihn mit Briefen der Familie und Dokumenten, die er ein Leben lang gesammelt hat. Unnachgiebig zerlegt er Normans widersprüchliche Wahrheiten und verzweifelte Abwehrkämpfe um sein Bild des Vaters. Ein bislang einzigartiger Versuch, den Massenmord an den Juden als familiäres Erbe zu verarbeiten.

Eine Veranstaltung des  Peter Panter Buchladens in Kooperation mit der Gemeinschaftsschule Meldorf.