Vom intelligenten Gebrauch des Draußenseins

Seit “Sweet Sixteen” wissen wir: Birgit Vanderbeke ist immer ganz dicht dran. Dran an den Menschen und am wirklichen Leben. Und seit “Sweet Sixteen” wissen wir: Birgit Vanderbeke weiß genau so wenig wie wir, wie die Antworten auf unsere vielen Fragen lauten. Also auf die Fragen im wirklichen Leben, dem Leben, in dem es Freunde gibt. Nicht das Leben all der Prominenten, über die jeder spricht und die keiner kennt. Dem Leben, in dem es Nachbarn gibt. Und Bosse und Beamte und Hartz IV Politiker und Irrenhäuser. Doch auch wenn Birgit Vanderbeke nicht alle Anworten weiß, eines weiß sie trotzdem: “Das lässt sich ändern.” Und so heißt ihr neuer Roman.

Die Ich-Erzählerin kommt von drinnen aus der Oberschicht. Und draußen gibt es Adam, Unterschicht. Seit die Erzählerin den Adam kennt, steigt sie ab und lebt draußen. Birgit Vanderbeke schildert die Unterschiede zwischen den Welten so dicht dran am wirklichen Leben, dass jeder rostige Nagel wichtig wird. Alles Bekannte, alles was lesende Bildungsbürgerliche schon seit 1848 wissen, erscheint so neu, weil Birgit Vanderbeke es uns mit ihrer immer wieder neuen, sachlichen Art und mit ihrem Witz so nahe bringt. Sie verblüfft uns mit alledem und alledem, das wir so genau zu kennen meinen.

Mit ihrer Abkehr aus der linksliberalen Bildungselite mit ihrem Ausscheiden aus der ökogrünen Oberschickt gerät die Erzählerin mitten hinen ins Leben von Menschen, denen keine Linksanwälte helfen können. Die müssen etwas anderes können: Sie müssen ihr Dach selber abdichten, Werkzeug und Essen beschaffen, statt sich stets neu zu erfinden. Dazu benötigen sie mehr als die Wohlständigen und Gebildeten, nämlich die Gewitztheit, ihren Besitz und ihr Können intelligent zu nutzen.

Auf dieser Reise von drinnen nach draußen stolpert die Autorin  über alle Grausamkeiten, die das selbstgerechte Ökoegotum  aufzubieten hat. Sie nimmt den psycho-esoterischen Diagnosereichtum des Lehrers ebenso genüsslich aufs Korn wie den Geländepanzer wohlhabender urbaner Pferdehalter. Kein Wunder, dass sich Birgit Vanderbeke auf diese Weise auch die Sympathien von LektorInnen und Verlegern verscherzt, deren Anreizsystem im Medienkonzern genau auf den Werten fußen: Pferd und Wagen, Blasenmanagement und Eso-Hype.

Und in welche Richtung ändern wir uns? Nun, stand da nicht am vergangenen Dienstag etwas von einem Meldorfer Wohnprojekt unter dem seltsamen Namen ‘Frische Bauern’ in der Zeitung? Genau! Wer Hintergründe verstehen will, muss lesen. Oder am Dienstag, dem 14. März um 20 Uhr in die Ditmarsia gehen. Dort liest Birgit Vanderbeke aus dem Roman ”Das lässt sich ändern”. Wer da zuhören mag, wird die ganze Poesie der Unterschicht entdecken.

Das Buch kostet 10 € und kann im Peter Panter Buchladen bestellt werden.